Stellungnahme von FUSS e.V.

Nicht zuletzt aufgrund der zunehmend heftiger geführten Klimadiskussion ist die Erkenntnis gereift, dass der Verkehrssektor mit seiner stetigen Steigerung der CO2-Emissionen dem Klimaziel der Halbierung der Klimagase bis 2050 zuwider läuft. Nun erzeugt der Fußverkehr keine Luftschadstoffe wie Staub, Stickoxid oder Klimagase und ist im Hinblick auf eine nachhaltige Mobilität die ideale Verkehrsart. Dies aber führte bisher dazu, dass der Fußverkehr auf Bundes-, Landes- und Kreisebene fast unbeachtet blieb. Man ging davon aus, dass der Mensch ohnehin läuft und dass man sich um dessen Bedürfnisse als Fußgängerinnen und Fußgänger nicht kümmern muss. Das hat in vielen Städten dazu geführt, dass der Fußverkehr abnimmt und der Radverkehr, um den man sich in den letzten Jahren mehr gekümmert hat, zunimmt. Damit hat man aber lediglich den Modal Split innerhalb des Umweltverbundes etwas verlagert und ist in der Vorgabe, den Anteil des nachhaltigen Verkehrs zu erhöhen, keinen Schritt weiter gekommen. Der Fußverkehr muss beachtet und eigenständig gefördert werden.

Das Bundesland Brandenburg hat 2017 eine Mobilitätsstrategie 0 herausgegeben. Sie stellt ein verkehrspolitisches „Leitbild“ dar und „Soll wie ein Kompass die richtige Richtung zum Ziel anzeigen“ (1), ist aber keineswegs so verbindlich, wie es z.B. ein Mobilitätsgesetz wäre. Der Fußverkehr als eigenständige Verkehrsart und als das Bindeglied aller anderen Verkehrsarten ist in dieser Mobilitätsstrategie zumindest an einigen wenigen Stellen erwähnt.

Im Kapitel zur Verkehrs- und Dateninfrastruktur

wird der Absatz zum „Rad- und Fußverkehr“ wie folgt eingeleitet: „Anlagen für den Rad- und Fußverkehr haben eine zentrale Rolle für die innerörtliche Mobilität. Leistungsfähigkeit und Verkehrssicherheit stellen an die lokalen Wegenetze besondere Anforderungen bei der Gestaltung, der Barrierefreiheit und der Funktionsvielfalt in urbanen Wohn- und Mischgebieten. Das gilt auch besonders vor dem Hintergrund einer älter werdenden Bevölkerung und dem Bestreben der Städte, die Kernlagen städtebaulich aufzuwerten und eine `Stadt der kurzen Wege` zu entwickeln.“ (2) Anschließend geht es im Text ausschließlich um den Radverkehr und hier schwerpunktmäßig um Außerortsradwege. Außerörtliche Fußwegeverbindungen werden nicht erwähnt. Das Land Brandenburg hatte in seinem im Februar 2003 vom Kabinett beschlossenen Integrierten Verkehrskonzept IVK 2002 das Weitwanderwegenetz gesondert aufgeführt, bestehend aus den Europäischen Fernwanderwegen E10 und E11 sowie den 66-Seen-Rundwanderweg. Der Erhalt und auch die weitere Herausbildung bis zu „vermarktungsfähigen Produkten“ wurde als Zielvorgabe der Landesregierung für die kommenden Jahre bezeichnet. Der Freizeitverkehr ist in dieser Mobilitätsstrategie nur für „touristische Radwege“ erwähnt.

Im Kapitel Klima und Umwelt

wird der Fußverkehr nicht erwähnt und im Abschnitt über die Verkehrslärmbelästigung (3) fehlt leider jegliche Anmerkung zu den Lärmerzeugern (sogenannte Motor-, Flug- oder Motorbootsport), die die Fußgänger und Wanderer mittlerweile stärker stören als die „Motorengeräusche der Fahrzeuge“ im Straßenverkehr. Auch Motorräder tauchen im Text nicht auf.

Im Kapitel über das Mobilitätsverhalten

wird immerhin ausgeführt: „Das klassische Verkehrsmittelangebot setzt sich aus den Modi `Fußverkehr`, `Radverkehr`, `ÖPNV` und dem motorisierten Individualverkehr `MIV` im Personenverkehr für den Nahbereich zusammen. Durch die Entwicklung der Kommunikations- und Informationstechnologien hat sich die Möglichkeit einer intelligenten Verknüpfung der klassischen Verkehrsmittel in den vergangenen Jahren stetig verbessert.“ (4) Das war es dann auch schon und

nur im Abschluss wird der Fußverkehr noch einmal genannt: „So legen Brandenburger Vorschulkinder knapp zwei Drittel ihrer Wege im Auto zurück. Diesen Kindern fehlt häufig von klein auf der selbst verständliche Erwerb eigener Verkehrskompetenz zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit Bussen und Bahnen.“ (5)

Im Kapitel „Mobilität umweltfreundlich gestalten“

tauchen dann die Fußgänger wieder bei der Zielvorgabe auf, „den Anteil des Umweltverbundes (Fuß, Rad, Öffentlicher Verkehr) am Modal Split von 47 Prozent (2008) auf über 50 Prozent in 2030 erhöhen“. (6) Bei der Fragestellung, „Wie will die Landesregierung das Ziel erreichen?“ wird es dann gleich drei Mal etwas konkreter:

  • • „Unterstützung von Strategien für eine Stärkung der Nahmobilität (z.B. Radverkehrsinfrastruktur Pedelecs, Fußverkehr, `Teilen statt Besitzen`/ Car- und Bikesharing…“
  • • „Konzepte für eine umweltfreundliche (Nah)Mobilität in integrierten Stadtentwicklungskonzepten als Grundlage der Förderung, um die `Stadt der kurzen Wege´ zu unterstützen“ sowie
  • • „Landesinitiative `Stadt zu Fuß` gründen zur Erhöhung des Modal-Split-Anteils des Umweltverbundes“ (7)

Die Herausforderungen, die sich durch den Fußverkehr für die mobilitätsbezogene Infrastruktur ergeben, müssen in der Tat vor Ort, also hauptsächlich in den Städten und Dörfern geklärt werden - die Weichen für eine notwendige Verkehrs- oder Mobilitätswende mit einer Prioritätensetzung für den Umweltverbund (Fuß, Rad, Bus und Bahn) aber sind auf allen Ebenen zu stellen. Insofern ist Brandenburger Mobilitätsstrategie durchaus an einigen Stellen ein Signal in Richtung „Verkehrswende“, doch letztlich soll alles gefördert werden, von der Flugverkehrsanbindung bis zum Fußverkehr. Die Ernüchterung, wo denn nun die Schwerpunkte sind, erfolgt nach der Haushaltsfestlegung. Jetzt, in etwa zur Halbzeit bis zur geplanten „Berichterstattung und Überprüfung der Strategie […] in einem 5-Jahres-Rhythmus“ (8) 2022 ist zumindest in den erwähnten Fragen zum Fußverkehr noch nicht allzu viel geschehen.

 

Die Broschüre der Landesregierung zur Mobilitätsstrategie gibt es zum Download hier

 

1 Ebenda, Ziel und Funktion der Mobilitätsstrategie, Untertext zu Abb. 3, Seite 7

2 Ebenda, Abschnitt 2.2.4, Seite 18

3 Ebenda, Abschnitt 3.1, Seite 22

4 Ebenda, Abschnitt 3.4, Seite 29

5 Ebenda, Abschnitt 3.4, Seite 30

6 Ebenda, Abschnitt 4.6, Dies bedeutet:, 2. Spiegelstrich, Seite 37

7 Ebenda, Abschnitt 4.6, Wie will die Landesregierung das Ziel erreichen?, 4., 5. Und 9. Spiegelstrich,. Seite 38

8 Ebenda, Abschnitt 5 Ausblick, Seite 40